Dienstag, 11. März 2014

Wird der Bürgerkrieg zum großen Krieg?


Lange nichts mehr von Vitalij Klitschko gehört. Monatelang hatte ihn die deutsche Presse als vermeintlich großen und bedeutenden Politiker dargestellt, doch seit die Putschisten in Kiew eine neue Regierung gebildet haben, ist es um den Preisboxer merkwürdig ruhig geworden. Für ihn ist bei der Aufteilung der Ressorts weder ein Posten noch ein Pöstchen abgefallen. Nicht einmal Minister ohne Geschäftsbereich konnte der "bedeutende Führer" werden. Damit haben sich in Kiew die USA voll durchgesetzt, welche sich ja - wie seit dem abgehörten Nuland-Telefonat bekannt ist - gegen die Aufnahme Klitschkos in die Regierung ausgesprochen haben. Mithin wurde auch die deutsche Regierung, die voll auf den maßgeblich von der CDU geförderten Klitschko gesetzt hatte, von Washington ausgebootet.

Der schlagkräftige Politiker bemüht sich zur Zeit, eine neue Rolle zu finden. Während seine früheren Kampfgenossen den Staatsmann mimen, darf er sich als Volkstribun versuchen, indem er etwa zur Mobilmachung aufruft. Zugleich bandelt Klitschko, der einst als Kämpfer gegen das korrupte ukrainische Establishment galt, mit den Oligarchen an. Vorgestern hat er den reichsten Mann des Landes, Rinat Achmetow, offiziell besucht. Danach wollte er Reden in Donezk und Charkow halten, wurde von den putschistenfeindlichen Einwohnern jedoch mit faulem Obst beworfen und damit verjagt (siehe obiges Video, Charkow ist übrigens von Straßensperren der Putschisten abgeriegelt). So hatte sich der arme Vitali seine politische Zukunft wohl kaum vorgestellt. Und seine "Führungsoffiziere" in der Konrad-Adenauer-Stiftung vermutlich auch nicht.

Zwischenzeitlich sind übrigens Fotos aufgetaucht, welche die beiden Klitschko-Brüder in den 1990er Jahren zusammen mit bekannten Größen der ukrainischen Unterwelt zeigen. Dadurch wird das Saubermann-Image von Vitalij kaum besser und seine Erfolgsaussichten bei Wahlen dürften eher sinken.


Aktuelle Lage in der Südostukraine

Die Junta von Kiew hat sich in der Südostukraine nach wie vor nicht durchsetzen können. Ihre Machtansprüche werden von den Einwohnern nach wie vor bestritten. Am vergangenen Wochenende ist es in den größeren Städten unter der Überschrift "Russischer Frühling" erneut zu Großdemonstrationen gegen das neue Regime gekommen. Dabei riefen die Bürger immer wieder "Rossija! Rossija!" und baten Präsident Putin um Unterstützung. Überall sollen Volksabstimmungen nach dem Vorbild der Krim durchgeführt werden, doch die Modalitäten sind angesichts des Terrors der Junta (siehe dazu weiter unten) noch offen.

Schwerpunkte waren diesmal Lugansk und Donezk. In Lugansk (siehe auch das zweite Video) haben die Demonstranten das Gebäude der Regionalregierung gestürmt und den von Kiew eingesetzten Gouverneur zur Abdankung gezwungen. Danach wurde - nach Donezker Vorbild - ein "Volksgouverneur" gewählt (Alexander Charitonow). In Donezk wurde am Gebäude des Sicherheitsdienstes die rußländische Flagge gehißt. Insbesondere haben mehrere tausend Demonstranten die Freilassung des letzte Woche von der Junta inhaftierten "Volksgouverneurs" Pawel Gubarjew gefordert. Vor seiner Verhaftung hatten die Oligarchen Gubarjew erst bedroht und ihm dann 40 Millionen Dollar geboten, wenn er sich aus der Politik zurückzöge. Doch er hat sich, im Gegensatz zu anderen Lokalpolitikern, nicht kaufen lassen. 

Weitere Kundgebungen gegen die Putschisten und ihre Maßnahmen gab es u.a. in Charkow, Odessa, Dnepropetrowsk, Saporoshje, Mariupol und Antrazit (der Ort heißt wirklich so). D.h. man kann keineswegs davon sprechen, daß sich die Putschisten im "revolutionären Prozeß" bereits durchgesetzt hätten, wie es ein deutscher Völkerrechtler fälschlicherweise im Fernsehen getan hat. Im Gegenteil, dieser Prozeß ist noch im vollen Gange (siehe auch die Krim). (Die zehntausenden Bürger, die dort demonstriert haben, sind übrigens die, die im deutschen Fernsehen als "eingeschleuste russische Kämpfer" diffamiert werden.)

Bemerkenswerterweise gewinnt der Widerstand in der Südostukraine eine stärker gegen die Oligarchen gerichtete Tendenz. Sie werden als "Feinde des Volkes" tituliert. Vor ein paar Wochen gab es auf der Krim sogar einen ganz und gar unerhörten Vorgang: Einer der politisch einflußreichsten Oligarchen, Petro Poroschenko, war nach Simferopol geflogen, um die dortigen Politiker "einzunorden", also zur Unterstützung der Putschisten zu zwingen. Doch in der Hauptstadt der Krim wurde er von einer wütenden Menge empfangen und konnte nur mit Mühe und Not in einem (nicht standesgemäßen) Taxi entkommen (siehe dieses Video).

Dieser, für Poroschenko demütigende Vorfall zeigt: Hätte der Kiewer Maidan nicht unter der Vorherrschaft der westukrainischen Nationalisten gestanden, dann hätten viele Bürger aus der gesamten Ukraine gemeinsam gegen die korrupte politische Klasse und die Macht der Oligarchen protestieren können. Doch so ist der politisch-soziale Protest zu einem ethnisch-kulturellen Bürgerkrieg geworden.

"Demokratische Repression" - Terror gegen Gegner der Junta

Die blutigsten Zwischenfälle der letzten Tage hat es in Charkow gegeben. Dort sind bei  Schießereien zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. An mindestens einem der Angriffe waren Mitglieder des Rechten Sektors beteiligt (siehe dieses Video). Auch in Dnepropetrowsk wurde auf Demonstranten geschossen.

Ansonsten gab es weitere Verhaftungen bekannter Politiker aus der Südostukraine, so z.B. Anton Dawidtschenko und Rostislaw Barda. Prominentester Fall ist der ehemalige Charkower Gouverneur Michail Dobkin. Er war am 22. Februar zunächst einer der Anführer des Widerstandes gegen die Putschisten, ist kurz danach jedoch überraschend zurückgetreten und wollte als Kandidat an der Präsidentenwahl am 25. Mai teilnehmen. Gestern weilte er in Kiew, um seine Wahlunterlagen einzureichen, wurde dann zur Generalstaatsanwaltschaft bestellt und dort vom SBU festgenommen. Jetzt sitzt er wegen "Separatismus" im Gefängnis.

Dies zeigt, daß am 25. Mai keine freien Wahlen stattfinden können (und sollen). Den Putschisten geht es um die Ausschaltung aller etwas bekannteren Politiker aus der Südostukraine. D.h. es soll nie wieder einen Präsidenten aus diesem Landesteil geben. Die Menschen dort werden als Bürger zweiter oder dritter Klasse betrachtet, die keine eigene Meinung haben dürfen, sondern gefälligst für die Kandidaten der Westukraine zu stimmen haben. Das ist der alleinige Zweck der Repressionsmaßnahmen.


Ein neuer Fall, der allerdings als typisch gelten darf, betrifft den Lugansker Regionalabgeordneten Arsen Klintschajew. Gestern wurde er vom Rada-Abgeordneten Ljaschko, einem Anhänger der Putschisten, mithilfe einer Schlägerbande entführt. Das kann man sehr schön in zwei Videos, welche die Täter selbst ins Internet gestellt haben, sehen (hier und hier). Ljaschko bedrohte Klintschajew und gab ihm (und anderen) den "Rat", auf politische Betätigung zu verzichten und nach Rußland zu gehen - ethnische Säuberung nennt man das eigentlich.
Doch Klintschajew gab nicht auf. Nach seiner Freilassung aus der Geiselhaft trat er heute vor die Presse und berichtete von seinen Erlebnissen. Daraufhin folgte im Laufe des Tages seine "offizielle" Verhaftung, die der sog. "Innenminister" stolz aus Kiew vermeldete. Die Begründung lautet auch bei ihm "Separatismus".

Die genannten Fälle belegen, daß die Repression politischer Gegner öffentlich und keineswegs heimlich erfolgt. Doch die Kiewer Putschisten und ihre Anhänger wissen genau, daß die Medien in Westeuropa und Nordamerika darüber nicht berichten werden. Deshalb können sie derart unverfroren agieren.

Ein weiteres Beispiel für öffentliche Drohungen mit Mord und Gewalt ist dieses Video. Darin geifert der ukrainische Millionär Balaschow, man müsse sämtliche Einwohner des Südostens und der Krim erschießen. In der deutschen Juristensprache nennt man das Aufruf zum Völkermord. Doch unsere Presse stört sich daran nicht. 
Daß man solche Morddrohungen nicht nur in den Wind gesprochen sind, zeigen die mittlerweile in manchen Orten der West- und Zentralukraine errichteten Galgen, die nur noch darauf warten, mit "Delinquenten" - also Andersdenkenden, die sich der neuen Derussifizierungspolitik verweigern - behängt zu werden.

Wladimir Rogow, ein Bürger von Saporoshje, wurde letzte Woche entführt und mehrere Tage lang von Unbekannten gefangengehalten. Auch ihm hat man bei seiner Freilassung "nahegelegt", nach Rußland zu gehen. Über seine Erlebnisse berichtet er in diesem Video.

Der Terror wird langsam auch auf das Ausland ausgeweitet. Die als Kämpferin gegen die russische Sprache bekannte Swoboda-Abgeordnete Farion hatte schon im Dezember 2013 auf dem Euromaidan angekündigt, daß die westukrainischen Nationalisten gegen Rußland kämpfen werden. Mittlerweile haben schon mehrere Gouverneure rußländischer Regionen Drohungen des Rechten Sektors erhalten. Es ist in jedem Fall - egal, wie sich die Lage in den nächsten Tagen und Wochen entwickeln wird - damit zu rechnen, daß diese Banditen versuchen, ihre zahlreichen Drohungen in die Tat umzusetzen.

Einschränkungen der Presse-, Informations- und Reisefreiheit

Zur Zeit sind in den meisten Gebieten der Ukraine auf Geheiß der Putschisten alle russischsprachigen TV-Kanäle von den Kabelnetzbetreibern gesperrt. Ebenso werden russischsprachige Internetseiten blockiert. (Diese Zensurmaßnahmen treffen allerdings auf leisen Widerspruch in Westeuropa.) Zudem gibt es Hackerangriffe. 
Journalisten werden werden vom neuen Kiewer Regime massiv behindert. Entweder verhaftet man sie während ihrer Arbeit, verwehrt ihnen die Einreise oder weist sie aus. In anderen Fällen ist es zu körperlichen Mißhandlungen und Todesdrohungen (inklusive Kopfgeld) gekommen.

Mit Problemen müssen auch normale Bürger der Rußländischen Föderation rechnen. Einige Zugverbindungen in den Süden (z.B. die Strecke Moskau - Rostow am Don) verlaufen über ukrainisches Territorium. Dort werden Passagiere vom ukrainischen Grenzschutz willkürlich verhaftet. Die Behörde berichtet stolz davon, daß sie in den letzten Tagen über 3.500 Menschen an der Einreise gehindert hat.

Aktuelle Situation auf der Krim

Komischerweise kaprizieren sich die deutschen Medien auf die Krim und ignorieren die Entwicklungen in der übrigen Ukraine fast völlig. Doch verglichen mit dem übrigen Südosten ist es auf der Halbinsel ziemlich ruhig, das Leben geht überwiegend seinen normalen Gang. Die Halbinsel ist durch Straßensperren und Kontrollpunkte an den Bahnhöfen gesichert. Damit konnten bisher bewaffnete Parteigänger der Putschisten weitgehend ferngehalten werden. Dafür häufen sich an den Kontrollpunkten beschlagnahmte Schußwaffen und Sprengmittel. Unterdessen wurden die ersten neuformierten Kompanien der örtlichen Selbstverteidigung auf die Flagge der Krim vereidigt. (Hier hat das Bürgerwehrkonzept gut funktioniert, in der Ostukraine dagegen kaum.)


Trotz der Vorsichtsmaßnahmen ist es einigen Kämpfern des Maidan aus Kiew gelungen, einzusickern. Das obige Video stammt aus Sewastopol. Dort hatten am Sonntag zwei "Partisanen" (Julia Timoschenko) auf einem Kinderspielplatz um sich geschossen, nachdem sie von einer (von ausländischen TV-Teams gut besuchten) kleinen Kundgebung anläßlich des 200. Geburtstages des Schriftstellers Taras Schewtschenko gekommen waren.

Dieser Tage wurden einige wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Krimtataren, die etwa 12 % der Bürger der Autonomen Republik der Krim ausmachen, getroffen. Ihre Sprache wird zur zweiten gleichberechtigten Amtssprache und ihre Vertreter werden - anders als bisher - in allen Behörden präsent sein. So stellen die Tataren zukünftig mindestens einen Stellvertreter des Ministerpräsidenten und zwei Minister. In allen übrigen Ministerien sowie in den Sicherheitsbehörden wird mindestens ein stellvertretender Minister bzw. Leiter Krimtatare sein. (Bereits heute ist mit dem stellvertretenden Premierminister Rustam Temirgalijew ein Tatare an prominenter Stelle in der Regionalregierung vertreten.)

Heute hat das Parlament außerdem die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet. Damit soll die Krim aus dem Staatsverband der Ukraine ausgeschieden sein. Bereits vor einigen Tagen hatte der Oberste Rat beschlossen, um Aufnahme in die Rußländische Föderation zu ersuchen. Die Reihenfolge der Beschlüsse ist zwar ein wenig verwirrend, doch dürfte dies mit der ungewohnten politischen Lage erklärbar sein. Die rechtliche Bedeutung beider Beschlüsse ist im Augenblick gering. Die Staatsduma der RF hat bereits signalisiert, daß sie die Ergebnisse der Volksabstimmung am kommenden Sonntag abwarten wird. Erst danach beginnt in Moskau die notwendige gesetzgeberische Arbeit für die Aufnahme einer neuen Republik in den rußländischen Staatsverband.

Die beiden Beschlüsse dürften eher die Funktion eines juristischen Notnagels erfüllen, falls aufgrund massiver Störungen seitens der Putschisten am 16.03. kein geordnetes Referendum durchgeführt werden kann. Die Wahlkommissionen arbeiten Tag und Nacht, um Wählerverzeichnisse in Papierform zu erstellen, denn die Zentrale Wahlbehörde in Kiew hat der Krim den Zugang zu den dort gespeicherten Daten gesperrt. Zudem waren schon Provokateure unterwegs, die, in eine Polizeiuniform gekleidet, Bewohnern eines Viertels die Pässe weggenommen haben - in der Hoffnung, diese Menschen würden nicht an der Abstimmung teilnehmen. Zum Glück konnten sie von der echten Polizei aufgegriffen werden. Vorsorglich hat die Wahlleitung schon mitgeteilt, daß die Bürger mit jedem Lichtbildausweis an der Volksabstimmung teilnehmen können.

Am Ausgang des Referendums kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Den heute veröffentlichen Ergebnissen einer Meinungsumfrage zufolge wollen 77 % der Befragten mit "Ja" und lediglich 8 % mit "Nein" stimmen. Dieses Bild deckt sich mit den Straßenumfragen der örtlichen Fernsehsender, wo die Leute einfach freudig sagen: "Zwanzig Jahre waren wir getrennt, doch jetzt kommen wir endlich nach Hause." Begeisterung für das neue Regime in Kiew und für die EU mitsamt ihren "Segnungen" sieht anders aus.

(Angesichts dessen nimmt es sich auch seltsam aus, wenn der Eurokrat Martin Schulz den "großzügigen Kompromißvorschlag" macht, die RF dürfte ihren seit über 200 Jahren genutzten Marinestützpunkt in Sewastopol behalten. In welcher Traumwelt lebt dieser Mann? Die Schwarmeerflotte wird auf jeden Fall in Sewastopol bleiben. Und nach dem 16.03. liegt der Stützpunkt auch nicht mehr auf ukrainischem Staatsgebiet. ;-) Aber mit dem Votum von Bürgern haben Schulz und seinesgleichen generell ihre Probleme - siehe das letzte Referendum in der Eidgenossenschaft.)

Blutrünstige russische Okkupanten verbreiten
Angst und Schrecken auf der Krim.

Nochmals kurz zum Völkerrecht

Zur Zeit häufen sich hierzulande die Stimmen, die behaupten, die Separationsbestrebungen der Krim (und anderer südostukrainischer Gebiete) wären völkerrechtswidrig. Oder man ignoriert den Willen der Menschen in diesen Regionen völlig und sagt einfach, Wladimir Putin würde gegen Völkerrecht verstoßen. (Sind die Betroffenen vor Ort für unsere Journaille Menschen zweiter oder gar dritter Klasse, die nicht selbst entscheiden dürfen?)

Diese Kritik ist in mehrfacher Hinsicht unseriös. An dieser Stelle soll nur kurz auf das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahr 2008 verwiesen, in dem sich das Gericht mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo auseinanderzusetzen hatte. Dabei haben mehrere Staaten, u.a. Deutschland, Österreich, Großbritannien und die USA schriftliche Erklärungen zugunsten des Kosovo abgegeben, die man sich im Licht der jüngsten ukrainischen Ereignisse wieder einmal durchlesen sollte. Man ersetze das Wort "Kosovo" durch den Terminus "Krim" und es paßt exakt auf den aktuellen Sachverhalt. Doch heute wollen unsere Politiker und Journalisten davon plötzlich nichts mehr wissen und schreien "völkerrechtswidrig". Das hätten sie sich vor zehn Jahren überlegen müssen. So einfach kann man sich das Recht nicht zurechtbiegen.

Damals, konkret im Jahr 2007, hatte sich auch die Regierung der Ukraine - vertreten durch den jetzigen Premierminister Jazenjuk (!), der damals Außenminister war - positiv zur Unabhängigkeit des Kosovo geäußert. Dieselben Argumente muß Jazenjuk heute gegen sich und seine Junta wirken lassen. Da hilft es auch nicht, wenn er heftig mit den Flügeln schlägt und Washington und Brüssel um Hilfe anfleht.

Besonders lustig ist auch der Vorsitzende der OSZE, der Schweizer Außenminister, der das Referendum "unrechtmäßig" nennt, weil es nicht auf dem ukrainischen Verfassungsrecht basiere. Wie schon hier und hier ausgeführt, gibt es zur Zeit in der Ukraine kein kodifiziertes Verfassungsrecht, welches mit der revolutionären Staatspraxis in Übereinstimmung steht. Die neuen Herrscher von Kiew brechen selbst tausendfach die bisherigen Verfassungen und sonstigen Gesetze. Mit anderen Worten: Das Land ist ein rechtsfreier Raum.
In einer solchen Lage auf der Einhaltung des Verfassungsrechts (welches, bitte?) zu bestehen, zeugt von einem übergroßen Maß an Ignoranz. (BTW: Welcher ausländische Politiker ruft eigentlich das Putschistenregime zur Einhaltung der Verfassung auf?)

Natürlich, und das darf nicht vergessen werden, haben auch die Einwohner der West- und Zentralukraine ein völkerrechtlich anerkanntes Recht auf ihren eigenen Staat, einen Staat, in dem sie ihre eigene Ideologie leben und damit glücklich werden können. Ohne Moskowiter, ohne Juden und ohne weiteres "Gesindel", was die heile "ukrainische" Welt stört. Aber sie haben kein Recht darauf, ihre Vorstellungen der anderen Hälfte der Bevölkerung des bisherigen ukrainischen Staates mit Gewalt aufzuzwingen. Letzteres passiert jedoch gerade.


Militär der Putschisten

Über welche militärischen Kräfte und Mittel können die Kiewer Putschisten gebieten? Die auf der Krim dislozierten Militäreinheiten haben sich entweder der Regionalregierung unterstellt oder aber für neutral erklärt. Die im Rest der Ukraine befindlichen Truppenteile stehen den Putschisten theoretisch zur Verfügung - sofern ihre Arsenale nicht, wie an einigen Orten im Westteil - von Aufständischen geplündert worden sind. (Dabei sind übrigens auch einige Ein-Mann-Fla-Raketen abhanden gekommen.)

Hinzu kommt, daß viele Einheiten nicht vollständig aufgefüllt waren. Die großspurig verkündete allgemeine Mobilmachung war ein Schlag ins Wasser, denn es sollen sich landesweit nur 6.000 Reservisten uns Freiwillige gemeldet haben. Hinzu kommen, wie das Kiewer Verteidigungsministerium selbst einräumt, massive Probleme mit Desertion, denn viele Soldaten wollen nicht gegen Rußland kämpfen. Diese Tendenz dürfte noch zunehmen, seit der (auf der Krim befindliche) Generalstabschef Iljin einen Aufruf an die Soldaten und Offiziere gerichtet hat. Iljin ermahnt insbesondere die Offiziere zu verantwortungsbewußtem Handeln und erinnert daran, daß die Putschisten nicht gewählt worden sind. Heute hat sich zudem - der schon mehrfach totgesagte - Präsident Janukowitsch in einer Pressekonferenz an die Soldaten gewandt. Er sei der legitime Oberbefehlshaber und sie sollten keine Befehle der Putschisten ausführen.

Probleme gibt es überdies unter den Generälen. Zur Erinnerung: Letzte Woche waren drei Stellvertreter des Verteidigungsministers entlassen worden. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, haben die Putschisten Kommissare vom Maidan in der Armee eingesetzt. Selbige sollen zur Not sogar die Kommandeure ablösen. Zögerlichen Soldaten und Reservisten wird ferner mit standrechtlicher Erschießung gedroht. Daß auch die materielle Lage schwierig ist, verdeutlicht die Bitte des Ministeriums an die Oligarchen, Geld für die Armee zu spenden.

Es steht also nicht zum Besten. Den Putschisten sind zwar große Mengen von Militärmaterial in die Hände gefallen, es fehlt jedoch am notwendigen Personal. Das deckt sich mit den Bobachtungen des Verfassers während des "Truppenaufmarsches" vor der Krim. Es wurden zwar zahlreiche Fahrzeuge und Waffensysteme in Richtung Krim geführt, doch es waren kaum Soldaten zu sehen. Angeblich sollen in diesem Raum jetzt 25.000 Mann disloziert sein - drei Brigaden plus Unterstützungseinheiten, also praktisch die gesamte ukrainische Armee. Doch ich halte diese Zahl für zu hoch gegriffen, denn auf den mir bekannten Videos sind weder Zeltstädte noch rauchende Feldküchen zu sehen. Beides wären untrügliche Anzeichen für die Anwesenheit einer derart großen Truppenzahl in einem relativ kleinen Raum.

Das einzige, was defintiv vorhanden ist, sind Artilleriesysteme, sowohl Mehrfachraketenwerfer als auch Haubitzen großen Kalibers. Diese Waffen lassen sich auch mit relativ wenig Personal zum Einsatz bringen. Die übrige Technik ist, sofern sie nicht schon auf der Anreise Totalausfall hatte, von keinem allzu hohen Kampfwert mehr (z.B. BTR-60 und BMP-1).

Die Nationalgarde

Das neue Regime steht den bestehenden Sicherheitsstrukturen eher skeptisch gegenüber. Nachdem die Integration der Kämpfer des Rechten Sektors in die regulären Streitkräfte anscheinend gescheitert ist und sich wohl auch das Innenministerium schwertut, wird nun eine neue Organisation geschaffen: die "Nationalgarde". Eine Körperschaft gleichen Namens wurde schon vor Wochen von den Aufständischen in der Westukraine gegründet. Jetzt soll sie in den Staatsdienst übernommen und zum Auffangbecken für die radikalisierten Kämpfer des Rechten Sektors und anderer bewaffneter Banden des "Euromaidan", die nach den Ereignissen der letzten Monate nicht mehr ins Zivilleben zurückfinden, werden.

Die Personalstärke soll bei 20.000 Mann liegen. Geplante Aufgaben: Schutz der öffentlichen Ordnung sowie Grenzschutz. Damit sind Kompetenzstreitigkeiten mit den bereits exisitierenden Sicherheitsbehörden (Polizei und Grenzschutzdienst) vorprogrammiert. Folglich schafft sich die neue, angeblich "demokratische" Ukraine eine politische Truppenpolizei, wie sie etwa aus dem Dritten Reich (Schutzstaffel) oder der Islamischen Republik Iran (Republikanische Garden) bekannt ist. Der Mehrwert der Nationalgarde gegenüber den bisherigen Sicherheitsstrukturen besteht einzig in ihrer besonderen ideologischen Zuverlässigkeit gegenüber dem Ziel einer "nationalen Revolution" zwecks Vertreibung bzw. Unterdrückung aller "inneren Okkupanten" (gemeint sind die Einwohner der Südostukraine). Schöne Aussichten ...


Wird es Krieg geben?

Die Lage ist eigenartig: Der rußländische Präsident Wladimir Putin und diverse Regierungsmitglieder weilen seit Freitag bei den Paralympischen Winterspielen in Sotschi. Doch zeitgleich ist die "westliche" Presse auf Krieg gebürstet, ergeht sich in Hysterie und Desinformation und erwartet stündlich den Ausbruch von Feindseligkeiten. Schuld ist natürlich nur einer - Putin. Der hat sich geweigert, ein Putschistenregime anzuerkennen, das von ein paar tausend gewalttätigen Demonstranten in die Regierungsgebäude (nicht an die Macht!) gebracht worden war. Zudem schützt er die Menschen in der Südostukraine davor, von den westukrainischen Nationalisten massakriert zu werden.

Ja, dieser Putin ist wirklich der gefährlichste Mann der Welt, ein Brandstifter sondergleichen. Nur er kann das schöne Kiew angezündet haben. Vielleicht war er auch schon im alten Rom tätig und man beschuldigt den armen Nero völlig zu Unrecht? Die Stimmung in unseren Medien unzerscheidet sich in nichts mehr von der "Berichterstattung" nach dem 22. Juni 1941. Jede Handlung des "freien Westens", die unterhalb der Schwelle des Atomwaffeneinsatzes bleibt, wird von der Journaille als "Einknicken" empfunden werden. Vernichtungsphantasien und Untermenschendenken brechen sich wieder Bahn.

Betrachten wir die einzelnen Akteure:

Für das Putschistenregime in Kiew böte ein größerer bewaffneter Konflikt viele Vorteile. Man kann damit von den großen Problemen im Inneren der neuen Ukraine ablenken (Wirtschaftsprobleme, sinkende Einkommen, steigende Lebenshaltungskosten, steigende Kriminalität). Zudem wird das Volk um die neuen Herrscher geeint, die "Säuberungen" würden noch weniger Aufmerksamkeit finden. Des weiteren kann so insbesondere die EU erpreßt werden, binnen kurzer Zeit noch weitaus größere Finanzmittel als bisher zugesagt zur Verfügung zu stellen - schließlich kämpft man um seine "Freiheit". Die NATO kann durch einen heroischen, aber erfolglosen Kampf dazu gezwungen werden, direkt mit Truppen einzugreifen, damit die von Washington gestützte Junta nicht zusammenbricht (Mitleidsreflex).

Hinzu kommen unmittelbare machtpolitische Vorteile. Wenn ein Krieg toben sollte, könnten natürlich am 25. Mai keine Präsidentenwahlen stattfinden. Das böte den beiden jetzigen, demokratisch nicht legitimierten Herrschern - dem "amtierenden Präsidenten" Turtschinow und dem "Premierminister" Jazenjuk - die Möglichkeit, lange Zeit in Amt und Würden zu bleiben, ohne sich ihrem Volk in einer Wahl stellen zu müssen. (Bis zum 09.03. war übrigens noch kein einziger Kandidat für die Präsidentenwahl registriert worden.) Beide gehören zudem religösen Kleinstgruppen an, die in der Ukraine praktisch bedeutungslos sind (Baptisten und Scientology).

Außerdem könnte man bei einem Krieg das störende Zeltlager auf dem Maidan auflösen. Dessen Besetzer hatten schon angekündigt, mindestens bis zur Präsidentenwahl auf dem Platz bleiben zu wollen. Doch wenn Krieg tobt würden sich natürlich alle sofort an die Front melden. Das gilt auch für die Schlägernaturen, die sich in den verschiedenen Banden zusammengefunden haben. Mit vielen von denen ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Staat zu machen, weshalb die Anzugträger der Junta nur hoffen können, daß so viele Banditen wie möglich auf dem "Feld der Ehre" bleiben. Desto weniger stören sie später.

Verluste an Menschenleben sind in diesem Kalkül in einem gewissen Maße einkalkuliert und sogar eher nützlich. Für materielle Schäden wird schon eine "Geberkonferenz" der "Weltgemeinschaft" aufkommen. Und außerdem hätte die Ukraine endlich fremde Truppen im Land, die ihnen bei den "Säuberungen" der "inneren Okkupation" helfen.

Fazit: Aus Sicht der Putschisten wäre ein größerer bewaffneter Konflikt wünschenswert. Zu diesem Befund paßt die hysterische und völlig wirklichkeitsfremde Stimmung im Land. Seit Tagen behaupten die ukrainischen TV-Sender, Rußland hätte Kiew den Krieg erklärt, es führen schon rußländische Panzerkolonnen durch Saporoshje, ganze Landstriche wären verwüstet und es wären auch schon US-Truppen zur Unterstützung der bedrohten Ukrainer im Land. Doch was machen diese Sender, wenn der große Krieg plötzlich und unerwartet ausbleiben sollte?

Die Einwohner der Krim und der Südostukraine wollen ganz sicher keinen Krieg. Sie möchten einfach nur in Frieden leben, ihre Kultur bewahren und nicht von aus der West- und Zentralukraine angereisten Banden terrorisiert werden.

Die Rußländische Föderation will ebenfalls keinen Krieg, denn sie wäre von seinen Folgen überproportional stark betroffen (Zunahme des Flüchtlingsstroms, mögliche Kampfhandlungen auf eigenem Staatsgebiet etc.) und könnte, anders als die Kiewer Junta, wohl kaum auf große Finanzhilfen von außen hoffen. Allerdings ist der RF mittlerweile klar geworden, daß die Ukraine als Staat zerbrochen ist. Jetzt geht es darum, den Zerfallsprozeß so friedlich wie möglich abzuwickeln. Sozusagen ein geordnetes Insolvenzverfahren, in dem die Einwohner der Südostukraine vor dem Zugriff der westukrainischen Banden geschützt werden müssen.

Die USA und, in ihrem Gefolge, NATO und EU wollen, ihren Verlautbarungen zufolge, dem Putschistenregime das komplette Staatsgebiet der bisherigen Ukraine überantworten.

Von den dort lebenden Menschen ist jedoch nie die Rede. Mit der Formulierung "das ukrainische Volk" sind die Bewohner der West- und Zentralukraine gemeint. Vitali Klitschko forderte kürzlich unverhohlen die Vertreibung der Bewohner des Donbass. Nach ihrem Weggang würde dort Ruhe einkehren. Mit anderen Worten: Entweder unterwerfen die renitenten Bürger sich den Putschisten oder sie werden zwangsweise außer Landes geschafft. (Faktisch läuft der Exodus ja schon.) So redet der CDU-Zögling! Ergo wird es wohl dem entsprechen, was ihm seine ausländischen Berater eingeflüstert haben.

Doch das übergeordnete strategische Ziel lautet: Schwächung Rußlands und Ausschaltung des Landes als eigenständige politische und kulturelle (!) Größe. Darum gerieren sich im Augenblick Polen und Balten als besondere Scharfmacher, sie wähnen sich im Endkampf. Falls sie in selbigen siegen sollten, können sie sich aus der erhofften Konkursmasse der RF nach Lust und Laune bedienen und so ihre eigenen Vormachtgelüste befriedigen. In früheren Artikeln habe ich insofern die Bereitschaft Warschaus unterschätzt, die westukrainischen Nationalisten als Rammbock gegen Rußland einzusetzen. Polen spielt mit einem heißen Feuer, welches ihm selbst gefährlich werden kann, aber noch glaubt es, die Entwicklung steuern zu können.

Zu diesem Zweck sind bereits Sanktionen gegen die aufsässigen Südostukrainer und gegen die RF verhängt worden oder in Vorbereitung. Außerdem haben die USA und England zusätzliche Jagdbomber und Aufklärer nach Polen und ins Baltikum verlegt. AWACS-Maschinen führen Aufklärungsflüge entlang der ukrainischen Westgrenze durch und füttern die Putschisten wahrscheinlich mit aktuellen Lageinformationen. Über der Krim sind schon Drohnen, vermutlich amerikanischer Provenienz, gesichtet worden. Hinzu kommen die Kriegsschiffe der NATO im Schwarzen Meer.

Doch diese Maßnahmen werden allein nicht ausreichen, um die Bewohner der Südostukraine und Rußland zur Unterwerfung zu nötigen. Nichts anderes ist das Ziel, es geht darum, den Russen endgültig klar zu machen, daß sie minderwertige Geschöpfe sind und daher den Anweisungen Washingtons und seiner Satrapen bedingungslos Folge zu leisten haben. Und wenn der District of Columbia anordnet, daß ein Putschistenregime anzuerkennen ist, dann hat Moskau das gefälligst zu tun.

Für die USA geht es im Augenblick um nichts weniger als um den Erhalt der bereits brüchig gewordenen unipolaren Weltordnung. Der Staat, der selbst beständig von der Pleite bedroht ist, braucht den Rest der Menschheit als Schemel für seine Füße. Würde Rußland jetzt keinen Kotau machen, dann würden alsbald auch andere Länder "frech" werden und so das amerikanische Imperium ins Wanken bringen. Insofern wird im Augenblick Weltgeschichte geschrieben.

Sowohl für Washington als auch für Moskau steht folglich weitaus mehr auf dem Spiel als nur ein paar Detailfragen hinsichtlich der Ukraine. Deshalb ist ein bewaffneter Konflikt eher wahrscheinlich, der sich möglicherweise bis zum Spiel mit den roten Knöpfen steigern kann. In diesem Sinne haben bereits der Außenminister, der Generalstabschef und der US-Botschafter in Kiew der RF mit militärischen Maßnahmen und einer kompletten Handelsblockade gedroht.

Außerdem wollen ein paar US-Senatoren die RF von Fußballweltmeisterschaften ausschließen - seit wann ist Washington denn auch dafür zuständig? (Einige Stimmen aus der EU waren etwas besonnener.)

Die USA bewegen sich zur Zeit in einer ähnlichen Rhetorik wie 1999 in Rambouillet. Damals hatte Jugoslawien die Wahl, entweder einen entwürdigenden Vertrag zu unterschreiben oder bombardiert wu werden. Doch Rußland hat im Gegensatz zu Jugoslawien selbst Atomwaffen. Daher muß diese Erpressungsstrategie scheitern. Das gleiche gilt für Sanktionen, die zu einem Großteil auf die Wirtschaft jener, die sie verhängen, zurückschlagen würden (sprich: mehr Arbeitslose in der EU). D.h. die Sanktionsdrohungen schrecken Rußland nur bedingt.

Irgendwie wird es zu einem Agreement kommen, fragt sich nur wann und zu welchen Konditionen. Denn die Stimmung scheint auch hier in Deutschland im Augenblick sehr kompromißlos zu sein.


Prognose für die nächsten Tage

Der Kollege von Chartophylakeion hat vorhin einen lesenswerten Artikel publiziert, in dem er darlegt, weshalb es wahrscheinlich nicht zu einem Krieg kommen wird, weil sich die Junta mit dem Verlust der Krim abgefunden habe. (Dafür spricht auch, daß der ukrainische Grenzschutz - nicht etwa die Polizei - seit Tagen an den Zugängen zur Krim förmliche Paßkontrollen durchführt.) Seine Argumente leuchten ein, doch sollen an dieser Stelle noch einige Gründe angeführt werden, die dafür sprechen, daß es sehr wohl zu Kampfhandlungen, wenn auch wohl keinen besonders umfangreichen, kommen könnte:

1. Das Regime von Kiew ist seit anderthalb Wochen in seiner Kriegsrhetorik gefangen. Wer lange so heiß läuft, muß irgendwann Dampf ablassen. Einen Verlust des beanspruchten Staatsgebietes einfach so hinzunehmen würde nicht zur aggressiven nationalistischen Rhetorik, die seit Wochen in Kiew gepflegt wird, passen.

2. Am wahrscheinlichsten ist der Beschuß der Krim durch Artillerie (wenig personalintensiv), womöglich sogar am Tag des Referendums. Eher unwahrscheinlich dürfte ein voller Sturmangriff auf die Halbinsel, die nur über zwei Zugänge mit dem Festland verbunden ist, sein. Dafür gibt es nicht genug kampfkräftige Verbände aller Waffengattungen.

3. Auf Beschwichtigungen aus der gegnerischen Hauptstadt sollte man sich nicht verlassen. Im August 2008 hatte der seinerzeitige georgische Präsident Michail Saakaschwili die Bewohner Südossetiens in einer Fernsehansprache beruhigt, doch wenige Stunden später schlugen die georgischen Raketen in Zchinwali ein. Saakaschwili ist derzeit in Kiew als politischer Berater tätig und hat sogar ein eigenes Büro in der Präsidalverwaltung. Daher ist zu befürchten, daß er maßgeblichen Einfluß auf die Ausarbeitung der politischen Strategie besitzt.

4. In jedem Fall ist mit Terroranschlägen zu rechnen. Nicht nur auf der Krim und im Südosten, sondern auch in Rußland selbst. Entsprechende Drohungen der Nationalisten liegen vor. Außerdem werden die USA versuchen, über ihre islamistischen "Freunde" im Kaukasus und auf der Krim Gewaltakte zu veranlassen. Dies darf nahezu als sicher gelten, egal welche Richtung die weitere Entwicklung nehmen wird.

5. Aus Sicht der Krim und der RF genügt es, die Zugänge zur Halbinsel zu halten. Offensivhandlungen im Raum Cherson sind nicht notwendig. Dafür reichen die jetzt auf der Krim vorhandenen Kräfte und Mittel aus.

6. Eine insgesamt blutsparende und militärstrategisch für die RF überaus vorteilhafte Variante wäre ein großangelegter Einmarsch in die russischen Gebiete der Ukraine, die seit Wochen Petitionen an Putin richten. Relativ langsam, aber bestimmt auf Charkow, Lugansk und Donezk und dann weiter vorrücken und so die bei Cherson massierte ukrainische Armee von der Unsinnigkeit sämtlicher Kampfhandlungen überzeugen. Diesen Truppen genügend Zeit geben, um sich einigermaßen geordnet in ihr neues Staatsgebiet, die West- und Zentralukraine, zurückzuziehen. (Eine ähnliche Strategie haben die USA 1995 in Bosnien-Herzegowina angewandt.)
In diesem Fall würde es vermutlich zu massiven Sanktionen seitens einiger Staaten kommen. Selbst wenn die "westlichen" Politiker einsehen sollten, daß diese Lösung für alle Betroffenen die beste ist, so muß doch zu Hause die aufgepeitschte Pressemeute besänftigt werden.

7. Im Augenblick scheint es keine Bereitschaft der NATO zu geben, in einen konventionellen Krieg wegen der Ukraine einzutreten. Das könnte sich allerdings ändern, wenn die Sache zu lange in der Schwebe bleibt.


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